Gladbeck und Alanya: Wie Windräder Kulturen verbinden

Jugendliche aus Alanya sind für ein besonderes Projekt an der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule zu Gast. Das steckt hinter dem Schüleraustausch.

Schülerinnen und Schüler sitzen in kleinen Gruppen zusammen. Mit der Säge schneiden sie Formen aus Holzplatten aus, kleben hölzerne Einzelteile zusammen oder bemalen sie mit bunter Farbe. Sie sind konzentriert bei der Arbeit. Wenn sie miteinander sprechen, hört man Satzfetzen in Deutsch, Englisch oder Türkisch.

Die Schülerinnen und Schüler der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule in Gladbeck und des naturwissenschaftlichen Gymnasiums Hüseyin Girenes in Alanya bauen gemeinsam Windräder. Die Jugendlichen nehmen an einem Austauschprojekt zwischen der türkischen Stadt Alanya und ihrer deutschen Partnerstadt Gladbeck teil. Dabei stehen Klimaschutz und erneuerbare Energie im Fokus. Daher tüfteln die jungen Menschen in kleinen Gruppen am perfekten Design für ihr Windrad.

Gladbecker Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule will Wettbewerb gewinnen

Denn das wird belohnt, erklärt der 18-jährige Ibrahim. Jede Gruppe dürfe kreativ werden und die kleinen Windkraftwerke so gestalten, wie sie es möchten. Ein Team hat ihrem Windrad Schmetterlingsflügel gegeben, ein anderes das Windrad einer Blume nachempfunden und ein weiteres Team hat eine klassische niederländische Windmühle nachgebaut, komplettiert durch einen kleinen gelben Hund, der vor dem Gebäude sitzt.

Die Gruppe mit dem kreativsten und effektivsten Design kann beim Global Wind Day, der auf Schloss Senden im Münsterland gefeiert wird, einen Preis für ihr Windkraftwerk gewinnen. Am 13. Juni werden die selbstgebauten Windräder im Park des Schlosses ausgestellt. Anschließend können alle Interessierten bei einer Online-Abstimmung das beste Windrad küren. Das gelang einer Gruppe der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule im vergangenen Jahr. Umso motivierter sind die Schülerinnen und Schüler dieses Jahr, ihren Titel zu verteidigen.

Sightseeing im Ruhrgebiet

„Ich wollte schon immer Ingenieur werden“, sagt Batın aus der Türkei. „Deshalb habe ich keine Sekunde gezögert, als ich von dem Austausch erfahren habe.“ Der 17-Jährige ist einer von elf Schülerinnen und Schülern aus Alanya. Während des zehntägigen Austauschs steht für sie aber nicht nur der Bau der Windräder auf dem Programm, sondern auch jede Menge Kultur und Sightseeing. Die Schüler haben in den vergangenen Tagen unter anderem das Mitmach-Museum „Phänomania“ in Essen und den Gasometer in Oberhausen besucht.

Trotz unterschiedlicher Muttersprachen entstehen kaum Sprachbarrieren zwischen den Schülerinnen und Schülern. Sie würden hauptsächlich auf Englisch und Deutsch miteinander kommunizieren, berichten die Jugendlichen. Lehrer Eyüp Kaplan, der das Projekt gemeinsam mit seinem deutschen Kollegen Guntram Seippel betreut, unterrichtet die Schülerinnen und Schüler in der Türkei in Deutsch. Er habe die jungen Menschen dazu ermutigt, die Sprache so viel wie möglich zu nutzen.

Deutschland und Türkei: Große Unterschiede im Schulalltag

„Wir haben geübt, Probleme zu lösen“, sagt Batın und meint damit nicht nur technische, sondern auch sprachliche Herausforderungen. Ibrahim fügt hinzu, dass auch einige deutsche Schülerinnen und Schüler Türkisch sprechen können und falls notwendig beim Übersetzen helfen. Darüber hinaus kommt den Jugendlichen zugute, dass sie einander nicht mehr ganz fremd sind.

Denn schon im November 2024 besuchten Schülerinnen und Schüler der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule das Gymnasium in Alanya. Auch dieser Besuch stand ganz im Zeichen des Klimaschutzes. Die Tüftlerinnen und Tüftler verbanden Solarpaneele mit Batterien, an denen die Schülerinnen und Schüler des türkischen Gymnasiums ihre Handys aufladen können.

Im Gedächtnis geblieben sind den Gladbecker Jugendlichen von ihrem Besuch in der Türkei vor allem die vielen Regeln, die es an deutschen Schulen nicht gibt. Anastasija (19) erzählt, dass Schuluniformen in der Türkei weit verbreitet sind, so auch am Hüseyin Girenes Gymnasium. Ibrahim ergänzt, dass junge Männer Haare und Bart kurz halten müssen. Außerdem sei das türkische Gymnasium ein Internat und ein Teil der Schülerinnen und Schüler lebe auf dem dortigen Campus. Davor habe er „großen Respekt“, so der Schüler.

Deutsch-türkisches Projekt soll fortbestehen

Nilüfer aus Alanya ist umgekehrt überrascht vom deutschen Schulalltag. Dass die Schülerinnen und Schüler der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule teilweise schon mittags frei haben, kennt sie aus ihrer Heimat nicht. Dort dauere ein Schultag in der Regel bis etwa drei Uhr am Nachmittag. Auch, sagt die 16-Jährige, müssten die Jugendlichen ihre Handys vor dem Unterricht abgeben. Insgesamt bewertet sie den türkischen Schulalltag als etwas strenger als den deutschen.

Alle Schülerinnen und Schüler haben sich vorgenommen, nach dem Ende des Austauschs miteinander in Kontakt zu bleiben. Dank Instagram sei das ganz einfach, sagt Ibrahim. Und auch der nächste Austausch ist schon geplant: Im November diesen Jahres werden Schülerinnen und Schüler der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule für ein weiteres Projekt nach Alanya reisen. Mit dem jetzigen Austausch ist Deutschlehrer Eyüp Kaplan sehr zufrieden. „Mein Ziel ist, dass neue Freundschaften entstehen und wir voneinander lernen“, sagt er. „Das ist für mich das wichtigste.“

Quelle: https://www.waz.de/lokales/gladbeck/article409116610/gladbeck-und-alanya-wie-windraeder-kulturen-verbinden.html

Der Austausch wurde ermöglicht durch die Finanzierung von:

 

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